Expert*innen Interviews

Ich möchte sicherer darin werden, über Sex zu reden

Ich schäme mich, wenn ich über Sex spreche. Was kann ich tun?

Scham ist erstmal ein Gefühl wie jedes andere auch. Sie fühlt sich oft sehr unangenehm an und führt zu Gedanken wie „Ich bin nicht richtig“/“Ich bin nicht ok“ oder „Ich mache etwas falsch“. Darüber bringt dich das Schamgefühl zu dir selbst in Abstand.

Gleichzeitig ist Scham eine große Kompetenz, die du nicht unterschätzen solltest: Sie weist dich auf deine Grenzen hin und möchte dich schützen. Dieses ursprüngliche Ziel, dich zu schützen, gelingt ihr oft nicht, weil wir durch die Scham aus dem Kontakt zur anderen Person gehen und meistens auch verstummen. Dann bleiben wir allein zurück.

Beim Sprechen über Sex kommt die Scham häufig auch aus den gesellschaftlichen Zusammenhängen – eben weil Sexualität noch immer ein Tabuthema ist. Und Scham hängt auch an dem, was wir über uns selbst, unseren Körper, unser Geschlecht und unsere Beziehungen gelernt haben.

In Situationen, in denen du etwas ansprechen möchtest, was dir am Sex wichtig ist, kommt dir das Schamgefühl vielleicht lästig oder unangemessen vor. Dann hilft: Die Scham zu verbalisieren (das entlarvt sie und lässt sie kleiner werden), oder ihr mit Humor zu begegnen. Dann ist auch die Verbindung zu deinem Gegenüber wieder hergestellt und die Isolation, die Scham manchmal auslöst, geht vorbei. Wenn dich Scham in vielen Situationen sehr belastet, such dir Hilfe!

Wie kann ich sagen, was ich beim Sex mag?

Um zu sagen, was du beim Sex magst, ist die erste Voraussetzung, dass du weißt, was du gerne hast. Solosex, Selbstliebe und Masturbation können dabei helfen, das herauszufinden. Wenn du weißt, was dir gefällt und wo du wie berührt werden möchtest, geht es ans Formulieren. Welche Begriffe möchtest du benutzen? Womit fühlst du dich wohl? Den meisten Menschen hilft es auch, losgelöst vom sexuellen Geschehen über Sex zu reden, also: Sich außerhalb des Sex selbst zu einem Gespräch über Sex verabreden. Manche Paare ziehen auf diese Weise auch eine regelmäßige Zwischenbilanz. 

Und im Gespräch ist es hilfreich, wenn du ankündigst, was du vorhast und um Aufmerksamkeit bittest, etwa so: „Könntest du mir vielleicht ein paar Minuten lang zuhören? Ich möchte dir gerne erzählen, was ich beim Sex gerne habe.“ Manchmal wird so ein Gespräch schon zu einem echten Anturner :-)

Wie spreche ich mit meiner/m Partner*in über Sex?

Vielleicht überlegst du zuerst, wie du im Moment mit deiner/m Partner*in über Sex sprichst. Bist du beschämt oder bestimmend forsch unterwegs? Ängstlich und durch die Blume oder direkt? Bist du dabei ernsthaft oder humorvoll oder doch beides auf einmal? Sprecht ihr überhaupt über eure Sexualität? Wenn ja, wie oft und wie intensiv? 

Und dann frag dich: Wie würdest du es gerne machen? Wie würdest du gerne mit deiner/m Partner*in über Sex sprechen? Und verorte dich wieder. Möchtest du dich der Meinung der anderen Person anschließen, möchtest du selbst bestimmen? Möchtest du direkter sprechen lernen oder bei indirekten Formulierungen bleiben? Jede Option ist in Ordnung. Vielleicht weißt du dann schon, ob du etwas verändern möchtest und was du dafür brauchst. Und stelle dir die gleiche Frage für deine Partner*in: Was wünsche ich mir, wie er/sie mit mir über Sex spricht? 

Ein weiteres wichtiges Thema: Welche Begriffe hast du im Moment zur Verfügung? Woher kommen die? Wo hast du die gelernt? Möchtest du die weiter verwenden? Brauchst du neue Begriffe, die besser zu dir passen?